ausstellung

Peter Reichenberger zum Achtzigsten - Farbwelten zwischen Fingerabdruck und Handteller

Bis 29. Juni 2025 ● Siegburg ● Stadtmuseum Siegburg 

Eine Entdeckung der besonderen Art: Peter Reichenberger im Stadtmuseum Siegburg. 

Das Werk von Peter Reichenberger ist ein außergewöhnliches Zeugnis der radikalen Eigenständigkeit – eine Entdeckung für alle, die Kunst nicht nur sehen, sondern spüren wollen. Was sein Schaffen so einzigartig macht, ist nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem der Weg dorthin: Reichenberger verzichtete vollständig auf klassische Malwerkzeuge. Stattdessen wurde der eigene Körper zum Medium. Mit eingefärbtem Zeigefinger, Handteller oder Handkante druckte er die Farbe direkt auf Leinwand oder Papier – jede Spur ein unmittelbares, fast intimes Zeugnis seiner Präsenz. Kein Pinsel, kein Spachtel, kein Abstand.

Diese Technik, die 1976 mit ersten Fingerabdrücken begann, entwickelte Reichenberger bis zu seinem frühen Tod im Jahr 2004 konsequent weiter – zu einem hochkomplexen System aus Farbschichtungen, seriellen Strukturen und fließenden, oft mehrfarbigen Übergängen. Dabei entstanden keine zufälligen Kompositionen, sondern genau dokumentierte „Partituren“ – farbliche Kompositionen mit rhythmischem, fast musikalischem Charakter. Der Malgrund wird so zur Bühne, die Farbe zum Klang, der sich in vielschichtiger Resonanz im Raum entfaltet.

In dieser kraftvollen Verbindung von Malerei und körperlichem Ausdruck schafft Reichenberger intensive Farbräume, die mehr sind als Bildflächen: Sie sind sinnliche Erlebnisse, in die man eintaucht, die man fast körperlich durchdringt. Wer sich auf diese Werke einlässt, betritt eine eigene Welt – eine Sphäre der Farbe, Bewegung und Tiefe, in der man sich verlieren und neu wiederfinden kann.

Die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum Siegburg macht diesen faszinierenden Kosmos auf eindrucksvolle Weise erlebbar. Kuratiert von Dr. Gundula Caspary und ihrem engagierten Team, gelingt es, nicht nur das Werk Reichenbergers in all seiner Vielfalt zu zeigen, sondern auch seinen Platz in der Kunstgeschichte sichtbar zu machen. Als eine eigenständige Position entstand in einem spannenden Zeitfenster, parallel zu Künstlern wie Gotthard Graubner, aber mit einer ganz eigenen Sprache der Farbe.

In der Tradition der großen Farbfeldmaler – man denke an Yves Klein, Mark Rothko – behauptet Peter Reichenberger mit überzeugender Kraft seinen Platz. Seine Werke sind nicht nur Bilder, sie sind Erfahrungen. Und sie sind selten – umso mehr lohnt sich der Besuch dieser Ausstellung, die nicht nur Kunst zeigt, sondern ein Gefühl: das Erleben von Farbe in ihrer körperlichsten Form.

24.05.2025: Gespräch mit Dr. Ralf P. Seippel, Haus der Stiftungen, Köln

07.06.2025: Gespräch mit Jürgen Th. Weghmann, Vorstand der Peter Reichenberger Stiftung Köln

https://stadtmuseum-siegburg.de/ausstellungen/aktuelle-ausstellungen/peter-reichenberger/

www.peterreichenbergerstiftung.org

Bildunterschriften und /-nachweise:

1. Michael Triegel, Deus absconditus, 2013. Dauerleihgabe an die Kath. Kirchengemeinde St. Matthias, Berlin. Foto: Galerie Schwind, Leipzig | VG-Bildkunst, Bonn 2025