ausstellung

Reality Check

Bis 26. Januar 2025 ● Ahlen ● Kunstmuseum Ahlen

Die Frage nach den Grenzen und der Verlässlichkeit unserer Wahrnehmung scheint heute aktueller denn je. Digital manipuliert oder KI-generiert kursieren zahllose Bilder im Netz. Realität und Virtualität verschmelzen in hybriden Bildfantasien mit zweifelhaftem Informations- und Wahrheitsgehalt. Künstlerinnen und Künstler reagieren auf diese Entwicklung, indem sie sich mit den fragwürdig gewordenen Gewissheiten im Reich der Bilder auseinandersetzen. Seit jeher bewegt sich die Kunst schöpferisch im Reich der Fiktion und ist gleichzeitig ein Medium der Selbstvergewisserung, das den Begriff von Wirklichkeit und unsere Perspektive auf die Dinge immer neu verhandelt.

Das Kunstmuseum Ahlen zeigt 16 aktuelle künstlerische Positionen, die dazu einladen, die Grenzen zwischen Imagination und Faktizität auszuloten. Zu sehen gibt es Malerei, Zeichnung, Skulptur und Fotografie ebenso wie klassische und digital generierte Bildcollagen und Rauminstallationen. Einige Arbeiten sind aktuell für die Ausstellung entstanden. Die insgesamt 75 Werke der Ausstellung fordern den Betrachter auf besondere Weise zum „Reality Check“ heraus.

Auch in Ulrike Buhls Arbeiten ist die starke Wirkung von Materialien, Oberflächen und Farben auf unsere Wahrnehmung erlebbar. Organisch in den Raum wachsende, plastische Formgebilde und ganze Rauminszenierungen – eine in rosa Licht getauchte Landschaft aus schwarzen Verpackungsfolien – lassen Fiktionen sehr real wirken. Sie beflügeln die Phantasie und spielen mit polarisierenden Gefühlen.

Was sehe ich? Ist es eine Leinwand mit Farbe oder eine Landschaft? Wirklichkeit ist immer auch ein Produkt unserer Wahrnehmung. Francis Zeischegg zeigt der Welt des Jagens entlehnte Holzbauten. Sie thematisieren das Sehen und „Gesehenwerden“. Ihre künstlerischen Umsetzungen von Hochsitzen und Verschlägen visualisieren Positionen des heimlichen Beobachtens, des Überblicks, der Begrenzung und Fokussierung unsere Wahrnehmung.

Jana Thiel, deren Installation Präsentationsformen naturwissenschaftlicher Museen zitiert, erforscht mit ihren Zeichnungen und keramischen „Nachbildungen“ Lebewesen und Ökosysteme in den Tiefen des Meeres. Auf einem aus Bauschaum und Gips gefertigten „Walskelett“ positioniert sie künstlerische Organismen, ähnlich wie jene, die sich auf verwesenden Tieren ansiedeln. Ihre künstlerische Aneignung lässt natürliche Vorgänge wie Tod und Verwesung sichtbar werden, die zum Teil noch unerforscht und selten gesehen werden.

Dass perfekter Illusionismus immer noch täuschen kann, zeigt die hyperrealistische Malerei von Stefan Bräuniger und Jochen Mühlenbrink, die die Technik der Trompe-l’oeil-Malerei beherrschen. Ihre Bilder fordern zum genauen Hinsehen auf. Stefan Bräuniger erschafft geheimisvolle und surreale Momente in und mit Porzellangefäßen, während Jochen Mühlenbrink beschlagene Fensterscheiben oder Klebestreifenso haptisch darstellt als wären sie real. Die Erkenntnis ‚das ist Malerei‘ ist Teil der Faszination. 

Fotografierte Wirklichkeit erscheint künstlich und wie von Geisterhand inszeniert, obwohl sie vorwiegend analog zur Realität entsteht. Caroline Hake fotografiert Kulissenarchitekturen in Fernsehstudios für Sendungen wie Glücksrad, Wahre Wunder und Hallo Deutschland. Sie stammen aus einer Welt, in der Wunschträume in architektonische Formen gegossen werden. 

kunstmuseum-ahlen.de

Bildunterschriften und /-nachweise:

1. Ulrike Buhl, Implosion 26 #2, 2023, Mixed Media, Effektlacke, 134 × 146 × 128 cm 

2. Francis Zeischegg, Selbstdarsteller, 2022, Schichtholz, verleimt und gefräst, 300 × 150 × 50 cm © Courtesy: Galerie Judith Andreae, Bonn und VG Bild-Kunst, Bonn 2024

3. Jana Thiel, Studies on Creatures decomposing Corpses, 2022, Rauminstallation Kunstmuseum Ahlen, 2024 

4. Jochen Mühlenbrink, MP (Smile), 2024, Lack auf Spiegelglas, 74 × 54 cm © Courtesy: ASPN, Leipzig und VG Bild-Kunst, Bonn 2024

5. Carolin Hake, Monitor III (Glücksrad), 1998–2003, C-Print, 120 × 160 cm

6. Stefan Bräuniger, Hyperfragment VI, 2023, Öl auf Leinwand, 60 x 75 cm, Foto: Wolfgang Kraft, Wuppertal © Courtesy: Galerie Am Elisengarten, Aachen und VG Bild-Kunst, Bonn 2024